Ministerpräsident Boris Rhein hat sich im Bundesrat für eine grundlegende Reform der Finanzierung der gesetzlichen Krankenkassen ausgesprochen. „Das vorliegende Gesetz ist eine Feigenblatt-Reform. Er ist mutlos, unverantwortlich und ein Affront gegenüber dem Gesundheitswesen, das während der Pandemie Großes geleistet hat“, sagte Rhein am Freitag im Bundesrat. Es stehe außer Frage, dass die gesetzlichen Krankenkassen in einer schwierigen Situation seien und dass deren Finanzierung dringend auf solide Beine gestellt werden müsse. Aber: „Der vom Bundesgesundheitsminister vorgelegte Entwurf löst die Probleme der Krankenversicherung nicht, er schafft neue“, so der Ministerpräsident. Vor dem Ländergremium wies Rhein insbesondere auf die Mehrbelastung von bis zu vier Milliarden Euro für die Pharmaindustrie hin. „Es ist unzweifelhaft, dass auch die Industrie ihren Beitrag zur Stabilisierung der Krankenversicherung leisten muss, aber hier schießt die Bundesregierung übers Ziel hinaus. Durch den Gesetzesentwurf wird die Wirtschafts- und Innovationskraft der hiesigen Pharmaunternehmen ausgebremst und der globale Wettbewerb zum Nachteil des deutschen Standorts verzerrt.“
Unnötige Mehrbelastung des Pflegepersonals – Versorgungslücken drohen
Zudem zeigte Rhein auf, dass etwa die Personalkosten von Krankenhausmitarbeitern ohne klassische Pflegeausbildung nach dem Gesetz nicht mehr über das Pflegebudget refinanziert werden könnten. Das führe zu einer unnötigen Mehrbelastung des Pflegepersonals. Auch mit Blick auf die Ärzteschaft drohe wegen des Durcheinanders bei der Neupatientenregelung Ärger. „Wie sollen die Ärzte Vertrauen in den Bundesgesundheitsminister haben, wenn er eine von ihm kürzlich ausdrücklich befürwortete Regelung nun einfach wieder beiseitelegt“, sagte Rhein. Und auch bei den Apotheken sieht Rhein Änderungsbedarf. „Ich bin davon überzeugt, dass die geplante Erhöhung des Apothekenabschlags viele Apotheken in Schwierigkeiten bringt – und das gerade im ländlichen Raum“, sagte der Ministerpräsident. Im schlimmsten Falle entstünden Versorgungslücken, so die Sorge aus Hessen.
Es sei die Aufgabe von Politik, Sicherheit in unsicheren Zeiten zu bieten – und zwar den Versicherten, den Apotheken, den Ärzten und Krankenhäusern und nicht zuletzt auch der Industrie. Der Gesundheitsstandort Deutschland habe in der Pandemie seine Leistungsfähigkeit doch mehr als deutlich gezeigt. „Ich fordere die Bundesregierung deshalb auf, den vorliegenden Gesetzentwurf zu überarbeiten. Was wir brauchen ist eine wirkliche Reform, die unser Gesundheitswesen und die deutsche pharmazeutische Industrie nicht unverhältnismäßig belastet. Der vorliegende Versuch einer Reform ist dazu nicht geeignet.“