Die weltweit bedeutende Rolle der documenta als Avantgarde-Ausstellung hat Kunst- und Kulturministerin Angela Dorn bei der Eröffnungspressekonferenz der documenta fifteen im Auestadion in Kassel betont: „Ab dem Wochenende kann die Öffentlichkeit das Konzept, die Ausstellungen, die Kunsträume und die Veranstaltungen der documenta fifteen sehen und daran teilnehmen. Wir sind gespannt auf diese 15. Ausgabe der Weltkunstausstellung, die seit ihrem Beginn den Anspruch hat, die Ausstellung der Kunst von heute und damit für morgen zu sein. Glücklicherweise erlaubt es die Corona-Pandemie derzeit, die documenta nahezu normal durchzuführen – unsere documenta, auf die wir als Land Hessen sehr stolz sind und die wir gemeinsam mit der Stadt und dem Bund tragen. Die Welt der Kunst blickt nach Kassel!“
Stellt in Frage, wie wir die Welt sehen
„Die documenta stellt in Frage, wie wir die Welt sehen; sie hinterfragt immer wieder auch den Kunstbegriff als solchen“, erläuterte Ministerin Dorn. „An diese Tradition knüpft ruangrupa, das Kuratorenkollektiv der documenta fifteen, nahtlos an: Sie und die von ihnen eingeladenen Künstlerinnen und Künstler begreifen Kunst als Prozess von Teilhabe, gesellschaftlichem Diskurs und gemeinschaftlichem Austausch von Ideen, Wissen und Können. Es geht um das gemeinschaftliche Erarbeiten von Lebensformen, die Verteilungsgerechtigkeit und Nachhaltigkeit im Blick haben. Dieser künstlerische Ansatz gibt Impulse, unsere Gesellschaft anders zu denken und auch zu gestalten.“
„Die eingeladenen Kollektive steuern ihren jeweils ganz eigenen Blick bei, den Blick insbesondere des Globalen Südens. Wir können viel lernen von Regionen der Welt, die seit langem etwa mit den Effekten des überhitzten Planeten umgehen, wir können uns ihre Lösungen und Ideen anschauen, ihre Visionen und Lebenskonzepte – wie eben das Bild von der gemeinschaftlich bewirtschafteten Reisscheune lumbung, das ruangrupa sich zum Vorbild für das Ausstellungskonzept gewählt hat. Es ist auch deshalb wichtig, den Globalen Süden in den Mittelpunkt zu stellen, weil er auf der documenta bislang zu wenig vertreten war; so war etwa aus dem viert-bevölkerungsreichsten Land der Welt, Indonesien, meines Wissens noch nie Kunst hier zu sehen.“
Ort des Austausches
„Die Documenta war immer auch ein Ort des Austauschs und auch der hitzigen Diskurse. Die Debatten im Vorfeld der Ausstellung haben gezeigt, wie wichtig der Dialog ist, und ich hoffe sehr, dass er noch fruchtbar stattfinden kann. Denn Dialog bedeutet, zu differenzieren, nicht schwarz-weiß zu malen. Dialog setzt voraus, dass man einander zuhört – und auch, dass man versteht, wo Grenzen liegen. Antisemitische Ressentiments und Antisemitismus dürfen auf der documenta nicht zum Ausdruck kommen; das Existenzrecht und die Sicherheit Israels bleiben ein Teil deutscher Staatsräson. Auch rassistische Anfeindungen und gar Angriffe dürfen keinen Platz haben. Die Bilder bedrohlicher Schmierereien in der Ausstellungsfläche von ,The Question of Funding‘ haben mich sehr betroffen gemacht. Meine Solidarität gilt ausdrücklich auch den Kuratoren und Künstlerinnen und Künstlern, die im Zuge der Debatte rassistisch angegangen und angegriffen wurden.“
„Ich freue mich auf eine spannende documenta mit anregender und auch kritischer Kunst. Die Macherinnen und Macher haben viele Wege gefunden, ihre Sicht auf die Welt mit lokalen Fragen und Akteuren zu verknüpfen. Zu entdecken sind dabei auch viele neue Orte: Die documenta strömt aus in die Nachbarschaften Kassel, besonders in den weniger bürgerlichen Osten der Stadt, sie lässt historische und soziale Spuren sichtbar werden und setzt sie in neue Kontexte. Sie bespielt auch die Fulda als Lebensader der Stadt – mit dem Bootsverleih Ahoi oder dem Gewächshaus in der Karlsaue – und bettet das künstlerische Tun in das Ökosystem Natur. Zum Glück erlaubt die Pandemie-Lage derzeit auch eine nahezu normale Ausstellung. Ich freue mich auf 100 Tage, in denen die Kunstwelt in Hessen zu Gast ist!“
Die documenta fifteen in Kassel öffnet für das Publikum am Samstag, 18. Juni.